Ich komme aus sehr erfüllten Tagen. Mit fast 500 PastorInnen und DiakonInnen haben wir über sozialethische Themen nachgedacht. Wir haben uns auseinandergesetzt mit Fragen der Wirtschaftsethik, Umweltethik und Friedensethik, Krichenasyl, Familienformen, Vegetarismus & Veganismus. Wir wurden angefragt und hinterfragt in unseren Denk- und Lebensformen. Wie lebe ich nachhaltig? Mit welchen Maßstäben bewerte ich mein Handeln und das Handeln meines Nächsten? „Schon jetzt und noch nicht“ als Dimensionen des Reiches Gottes leuchteten auf.
Ermutigt und hinterfragt fahre ich zurück in meinen Alltag. Diese Tage haben mich bestätigt, dass ich mit meinen Ideen, Träumen und Visionen auf dem richtigen Weg bin. Ich will und werde weiter Doppelpunkte setzen:
Schon im Auto werde ich direkt damit konfrontiert. Ich erfahre von der drohenden Abschiebung des syrischen Flüchtlings K., der mir gut bekannt ist und mit dem ich in verschiedenen Bereichen zusammen arbeite. Nun wird es ernst. Das „noch nicht“ habe ich in den letzten Wochen gut verdrängt. Wir haben gemeinsam gefeiert und gelacht. Ich habe den Ernstfall ausgeblendet – er sicher nicht. Nun überlegen wir auf verschiedenen Ebenen, wir wir diesen Ernstfall verhindern können.
Zuhause höre ich den Anrufbeantworter ab. Die Lehrerin der Klasse 4c einer Nordhorner Grundschule bittet um Rückruf. Ihre Klasse hat Geld gesammelt für drei Sprachkursbücher unserer Aktion „miteinander“. Ich bin begeistert und verabrede mich mit ihr für heute morgen. Die Schülerinnen und Schüler haben ihr Taschengeld gespendet und so fast 100€ zusammen gelegt. Das reicht für drei Bücher und Schreibmaterial. Die Klasse übergibt mir die Bücher und ich erzähle von K., der die Idee hatte diese Sprachkurse an arabisch sprechende geflüchtete Menschen zu verteilen. Ich habe einen Kloß im Hals. Die Freude über diese Aktion der Kinder und die Verzweiflung wegen der drohenden Abschiebung treffen direkt aufeinander.
„Schon jetzt“ erlebe ich solche besonderen Situationen. Momente, wo Menschen sich engagieren und helfen und wir alle voneinander lernen, gemeinsam leben, feiern und lachen. Nur dadurch lässt sich das „noch nicht“ irgendwie aushalten.
Mit Hoffnung und Sehnsucht, mit Glauben und Verzweiflung im Herzen setze ich auch unter diesen Text drei Doppelpunkte.
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Bildnachweis: kallejipp/photocase.com