In der Wüste

Fliehen. Sie musste hier raus.
Einfach nur weg.
Schnell weg.
So schnell, wie das als schwangere Frau nun mal geht.

Sie lief und lief.
In die Wüste.
Sterben? War das ihr Wunsch?
Sie wusste es nicht.

Sie wollte nur noch weg von Abram und seiner Frau.
Sein „Mach mit ihr, was du willst“ hallte noch in ihren Ohren.
Und Sarai machte mit ihr, was sie wollte.
Sie kannte keine Gnade mehr.

Ein Wunder, dass das Kind in ihr noch lebte, bei dieser Quälerei.

Hagar lief bis zum Brunnen.
Dort setzte sie sich und trank.
Die Gedanken in ihrem Kopf liefen weiter.
Drehten sich im Kreis.
Hin und Her. Her und Hin.

„Wo kommst Du her?
Und wo willst Du hin?“

Gute Frage.

„Ich bin geflohen vor meiner Herrin.“
„Kehre wieder zurück und demütige dich unter ihre Hand“.

Wie bitte?

Zurück?!
Mich demütigen lassen von morgens bis abends?
Gewalt aushalten. Angst haben um mich und mein Kind?
Dein gottverdammter Ernst?

Ja.
Aber du wirst eine andere sein.
Du bekommst das gleiche Versprechen wie der große Abraham.
Deine Nachkommen werden unzählbar sein.
Gott hat dein Elend gehört.
Du bist nicht mehr allein.

Und sie gab Gott einen Namen.
Als Frau.
Als erster Mensch überhaupt.

Du bist ein Gott, der mich sieht.

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Weitere Texte zur Jahreslosung 2023

unsichtbar

Fragen an Abraham

unsichtbar.

Sie war unsichtbar.
Menschen konnten durch sie hindurchsehen.
Blicke trafen sie trotzdem.

Sie war unsichtbar.
Menschen konnten über sie hinweg über sie reden.
Worte trafen sie trotzdem.

Sie war unsichtbar.
Das war keine geheime Zauberkraft, sondern ihr Leben.
Das hier war kein Spiel.
Kein „Ich sehe was, was du nicht siehst“.
Kein „sehen und gesehen werden“.
Kein „Augen zu und durch“.
Selbst mit offenen Augen konnte sie keiner sehen.

Manchmal probierte sie es aus.
Stellte sich mitten in den Raum und redete.
Menschen machten einen Bogen.
Aber keiner sah sie.

Sie war unsichtbar.
Menschen konnten mit ihr machen, was sie wollten.
Weh tat es trotzdem.

Sie war unsichtbar.
Menschen konnten über sie bestimmen.
Fliehen konnte sie trotzdem.

Genesis 16,6:
„Abram antwortete Sarai:»Sie ist deine Magd und in deiner Hand.

Mach mit ihr, was du für richtig hältst.«
Daraufhin behandelte Sarai ihre Magd so schlecht, dass diese ihr davonlief.“

Fortsetzung folgt …

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Foto von Kat J auf Unsplash


Himmelstrost – Sehnsucht einer Jüngerin (4)

Ich höre deine Stimme, die zu mir sagt:
„Steh auf meine Liebe. Steh auf, iss das Brot und geh!
Du musst nicht mehr warten.
Du kannst aufstehen und losgehen,
reden und von Wundern erzählen.
Du kannst Angst in Mut verwandeln und über das Wasser deiner Zweifel gehen.“

Als ich wieder sprechen kann, traue ich meinen Worten kaum.

Ich kann gehen und reden, von Wundern erzählen.
Ich kann Brot brechen und von dir sprechen.
Ich gehe los. Das Wasser trägt mich.
Die heilige Geistkraft führt mich.

Du bist ja da!
Auferstanden in mir.
Ich bin getröstet.
Auferstanden mit dir.

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Die ganze Reihe „Sehnsucht einer Jüngerin“ findest Du hier:

Sehnsucht einer Jüngerin
himmelherz – Sehnsucht einer Jüngerin (2)
himmerlwärts – Sehnsucht einer Jüngerin (3)