Geschenk auf!

Papa Oskar wünscht sich, dass die Ente gut schmeckt. Denn dieses Jahr ist es nicht irgendeine Ente, sondern seine. Ja, Papa kocht. Er wollte das schon lange mal ausprobieren und seit einiger Zeit traut er sich das zu. Er setzt sich durch gegen die Ehefrau, die alles besser weiß, geht zur VHS und macht einen Kochkurs. Es macht richtig Spaß und es entspannt ihn. Es tut ihm gut mal etwas neben der vielen Arbeit zu haben, was schön ist und wo man den Erfolg so direkt schmecken kann. Nun am Heiligen Abend wünscht er sich nur noch, dass alles klappt, es allen schmeckt und das er mit sich zufrieden sein kann.

Das fehlt ihm nämlich manchmal – diese Selbstzufriedenheit, dieses Gefühl etwas gut gemacht zu haben. Oft genug traut er sich nichts zu, weil er Angst hat zu versagen.

Mama Christine wünscht sich, dass sie den Abend genießen kann. Klar, freut sie sich, dass sie nicht kochen braucht, aber es fällt ihr oft schwer sich zurückzulehnen und die anderen machen zu lassen. Sie gibt dann hier und da einen gut gemeinten Ratschlag und kann sich einfach nicht entspannen. Sie möchte doch, dass alles perfekt ist und schön wird. Sie will doch nur, dass alle glücklich sind. Auch in ihrem Alltag fällt es ihr schwer sich Hilfe zu suchen, wenn sie etwas nicht schafft. Lieber macht sie die Dinge alleine, dann weiß sie auch, dass es funktioniert. Schwächen zugeben, dass fällt ihr schwer.

Oma Waltraut wünscht sich was Schönes. Seit einigen Jahren ist sie im Ruhestand und hat angefangen sich etwas zu gönnen. Früher ging das einfach nicht. Immer musste man sparen und immer war das Geld knapp. Doch jetzt freut sie sich, dass sie sich mal eine schöne Kette kaufen kann oder einfach mal nur im Café sitzen kann und einen Kaffee trinken. Dazu gibt es ein leckeres Stück Torte. Oma Waltraut war nicht immer so spendabel zu sich selbst und zu anderen. Sie hat sich nicht viel gegönnt, weil sie sich nicht so wichtig nehmen wollte. Doch irgendwann hat sie gemerkt, dass wer sich selbst nicht wahr nimmt, auch den anderen nicht mehr wahrnehmen kann. Oma Waltraut wünscht sich dieses Jahr etwas richtig Schönes für sich und für andere.

Opa Horst ist genügsam und still. Er braucht nicht viel, denn er ist froh, dass er überhaupt noch Weihnachten feiern kann. Sein Leben hätte auch ganz anders laufen können. Fast wäre er im letzten großen Krieg gestorben. Wie durch ein Wunder hat der Granatsplitter nur sein Auge getroffen. Er freut sich an den Kindern und Enkelkindern und hat keinen besonderen Wunsch.

Tante Annemarie ist froh, dass sie Weihnachten mit der Familie feiern kann und nicht allein ist. Eigentlich war sie meistens allein in ihrem Leben und lief immer so mit. Sie wünscht sich, dabei zu sein.

Die Familie geht zusammen in die Kirche und jeder ist mit seinen Gedanken schon beim Abend. Ob wohl alles klappt, ob sich alle verstehen? Eigentlich sind es mehr Bedenken, als Vorfreude, die sie verspüren.

Die Flötenkinder spielen „Gloria“ und „O Heiland reiß die Himmel auf“.

Die Weihnachtsgeschichte erzählt von den Hirten und alle hören das „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren“. Im Theater geht es darum, wie schwer es fällt Geschenke anzunehmen. Der Chor singt so schön und mit dem „O du fröhliche am Ende“ ist endlich Weihnachten. Jesus möchte mir was schenken, mit diesem Satz geht jede und jeder aus der Familie nach Hause und ist gespannt, was noch kommt. Vielleicht gehen ja die geheimen Weihnachtswünsche doch noch in Erfüllung? Die Vorfreude steigt.

Nachdem die Geschenke alle verteilt und ausgepackt sind, findet Benjamin, der Jüngste noch ein paar versteckte Päckchen.

Für jeden Erwachsenen eins.

Papa Oskar macht sein Päckchen auf: Darin ist ein Spiegel und ein Zettel. Auf dem Zettel steht: „Fürchte Dich nicht! Dir ist heute der Retter geboren.“ Oskar sieht sich in dem Spiegel an und beginnt zu verstehen. Der Retter sieht ihn so, wie er ist mit seinen Macken und seinen Stärken und genauso liebt er ihn. Der Retter will ihn befreien von Selbstzweifeln, Ängsten und Selbstvorwürfen. Er lächelt sein Spiegelbild an.

Mama Christine findet in ihrem Paket ein Schild mit der Aufschrift SOS und einen Zettel. Sie liest: „Fürchte Dich nicht! Dir ist heute der Retter geboren.“ Sofort kommen ihr die Tränen. Sie hatte das bis jetzt nie so auf sich persönlich bezogen, sondern eher so allgemein für die Menschen und die Hirten eben. Die hatten das ja auch nötig. Aber in diesem Moment spürt sie, dass auch sie Hilfe nötig hat. Sie kann SOS funken, wenn sie es alleine nicht mehr schafft. Und sie muss auch nicht alles alleine und perfekt machen. Was für eine Erlösung in diesen zwei Sätzen verborgen liegt.

Oma Waltraut wünscht hat in ihrem Geschenk einen goldgelben Stern. Oohhh ist der schön, ruft sie begeistert aus. Das ist der Stern von Bethlehem. Er wird mich immer daran erinnern, dass ich mich selbst nur dann finde, wenn ich den anderen Gutes tue. Ganz versteckt liegt in den Päckchen noch ein Stück Papier. Darauf steht: „Fürchte Dich nicht! Dir ist heute der Retter geboren.“ Sie beginnt zu beten und dankt Gott, dass er sie von ihrer Ich-Bezogenheit befreit hat und ihr den Blick für den Nächsten geöffnet hat.

Opa Horst bekommt das größte Paket von allen. Er der sich eigentlich gar nichts gewünscht hat, findet darin einen riesengroßen Engel. Der Engel hält eine Schriftrolle in der Hand: „Fürchte Dich nicht! Dir ist heute der Retter geboren.“ Und dann beginnt der Opa zu erzählen. Aus seinem Leben und von all den vielen Situationen, wo er gemerkt hat, dass da jemand hinter ihm, neben ihm oder unter ihm steht. Alle spitzen die Ohren und hören gespannt zu. Sie hören vom Krieg und all den Ängsten und Wundern, von der Gefangenschaft und der Flucht und von den vielen, vielen Jahren danach. Opa Horst muss selber ein paar Tränen verdrücken, als er so auf sein Leben zurück blickt und erkennt, dass Jesus immer an seiner Seite war. Das ist sein Weihnachtsgeschenk an die Menschen. Jesus ist der Gott mit uns.

Tante Annemarie packt ihr Geschenk aus. Sie erwartet nichts Großes und findet darim eine Geschichte:
„Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
„Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, daß in den schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?“
Da antwortete er:
„Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen.“

Und darunter steht noch: „Fürchte Dich nicht! Dir ist heute der Retter geboren.“
Das könnte meine Geschichte sein, staunt Tante Annemarie und sie wird froh.

Und dann machen sie einfach weiter mit erzählen und singen und irgendwann, weit nach Mitternacht gehen alle glücklich in ihre Betten.

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Predigt zur Christvesper 2014, Nordhorn

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