Sehr früh, trugen,
weggewälzt,
fanden nicht, bekümmert,
siehe, erschraken,
sucht, nicht hier,
auferstanden, gesagt hat,
überantwortet, gekreuzigt, auferstehen,
gedachten, gingen weg, verkündigten,
erschienen, glaubten nicht,
stand auf, lief, bückte, sah, ging davon,
wunderte,
geschehen war
Lukas 24,1-12
Osterfreude klingt irgendwie anders. Das hier klingt verwirrend, unordentlich, hektisch, erschreckend.
Zuallererst ist der Ostermorgen eine weitere Enttäuschung. Jeden Tag eine neue Hiobsbotschaft, so könnte man sagen. Die Frauen, die die letzten am Grab waren sind an diesem Morgen die ersten. Den Sabbat über mussten sie ausharren in ihrer Angst. Saßen fest in ihrer Trauer, ihrer Enttäuschung und Wut. Wussten nicht wohin mit der Hoffnungslosigkeit und den vielen, vielen Fragen. Und nun konnten sie endlich was tun. Die Untätigkeit lähmt noch viel mehr. Die Trauer ist leichter zu ertragen, wenn man etwas zu tun hat. Noch am Freitag hatten sie die wohlriechenden Öle hergestellt. Und nun los. Nicht länger tatenlos herum sitzen.
Bei Lukas läuft dann alles ein bisschen ruhiger ab, als bei Matthäus zum Beispiel. Keine Frage nach dem Stein, kein Erdbeben, kein Licht, keine Wächter.
Der Stein ist weg. Einfach so. Eine Sorge weniger.
Doch:
Sie finden ihn nicht. Er ist nicht da. Nun bleibt nicht mal mehr das Tun mit dem man sich ablenken kann. Nun bleibt nicht mal mehr dieses Grab als Erinnerung. Nun ist alles weg. Alles vorbei.
Noch bevor sie das überhaupt richtig begreifen können, sind da diese zwei Männer. In glänzenden Gewändern. Zum Wundern. Zum Erschrecken. Die Frauen trauen sich gar nicht hochzugucken.
Die Geschichte vom Ostermorgen ruft uns zuallererst unsere eigene Machtlosigkeit ins Gedächtnis.
Das Kreuz ist das Ende aller unserer Versuche. Und wer zwei Tage später aufsteht und voller Tatendrang losgeht um doch noch irgendetwas zu tun, der erfährt ein deutliches Nein. Verstehst Du Mensch?
Du kannst nichts tun. Der Stein ist schon weg. Du bist machtlos. Du musst das aushalten. Dieses Ende. Ohne sofort in Aktivismus zu verfallen. Du musst das aushalten, dass da einer für Dich gestorben ist. Du kannst das nicht verhindern, auch nicht leichter machen. Dieses Ende aller deiner Versuche musst Du aushalten.
Denn nur mit dem Erleben der eigenen Hilf- und Machtlosigkeit wird dieses Wunder der Auferstehung Wirklichkeit in deinem Leben. Nur dann wird es wahr. Nur dann kannst Du es erleben.
Nur dann bist du sicher, dass Du selbst nichts, gar nichts dazu beigetragen hast. Du hast nicht gewacht und gebetet. Du bist geflohen und hast verleugnet. Du hast verraten und dich verkrochen. Du hast nicht den schweren Stein weggerollt, du hast nicht gesalbt und nicht mit deinen Tränen den Leichnam gewaschen. Du nicht. Und auch sonst keiner. Das was hier geschieht, liegt außerhalb jedes menschlichen Tuns.
Das einzusehen und sich selbst einzugestehen fällt gar nicht so leicht. Es ist aber die Voraussetzung für das Auferstehungsgeheimnis und auch für die Osterfreude.
Wir kennen uns Menschen doch.
Ich bin sicher es wäre sonst ganz anders abgelaufen:
Petrus: ich habe den schweren Stein weggeräumt – das hat ihn auferweckt.
Maria: Ich habe meine besten Öle hergestellt und ihn eingesalbt – das hat ihn wieder lebendig gemacht.
Paul: Ich habe gebetet und gefastet. Dadurch wurde Jesus sichtbar.
Melanie: Ich habe im Chor gesungen, Kirche geputzt und Frauenstunden vorbereitet. Das hat Jesus zu den Menschen gebracht.
Anna: Ich habe immer ein anständiges Leben geführt. Nie betrogen und gelogen. So lebt Jesus weiter.
Nein, alle Versuche der Jünger etwas für Jesus zu tun, enden am Kreuz und alle unsere Versuche für Jesus etwas zu tun, enden ebenfalls am Kreuz.
Aber wie ereignet sich die Auferstehung und wie kommt die Osterfreude ins Leben der Jüngerinnen und Jünger und in unser Leben?
Am Ende unseres Textes ist noch nicht viel davon zu spüren. Es ist ein Nichtverstehen und Wundern mit dem die Frauen, die Jünger und auch Petrus zurückgelassen werden.
Doch dann gehen sie weiter. Der Alltag beginnt wieder. Die Leute, die zum Passamahl nach Jerusalem gekommen waren, müssen wieder zurück.
gingen, redeten miteinander,
geschah, redeten,
miteinander sprachen,
nahte, ging mit,
gehalten, nicht erkannten,
miteinander verhandelt,
unterwegs, traurig stehen, sprachen,
mächtig, überantwortet, gekreuzigt,
hofften, erschreckt, früh, nicht gefunden,
gesehen, sagen, lebe, fandens so, sahen nicht,
glauben, geredet, erleidet, legte aus, kamen nahe,
weitergehen,
nötigten, sprachen, bleibe, geneigt,
ging hinein, bleiben, geschah,
saß, nahm, dankte, brachs, gabs,
geöffnet, erkannten,
verschwand,
sprachen, brannte, redete, öffnete,
standen auf, kehrten zurück,
auferstanden, erschienen, erzählen, geschehen,
erkannt.
Lukas 24,13-35
Sie reden wieder miteinander. Da bleibt nicht mehr jeder mit sich und seiner Trauer allein. Allein in der Zwangsjacke der Angst. Sie reden wieder miteinander. Sie sind gemeinsam unterwegs. Das sind die Worte, die in den nächsten Versen auffallen, weil sie so häufig vorkommen. Sie gehen gemeinsam, reden und essen. Der Alltag ist wieder da. Und mitten in diesem Alltag kommt Jesus dazu. Er geht mit ihnen, kommt zum Essen vorbei und erklärt und erklärt – bis sie es verstehen. Er kommt mitten hinein in ihre Fragen und Zweifel, in ihr Sehen und nicht verstehen, in ihre Ängste.
Er kommt hinein in ihre Müdigkeit und ihre Enttäuschung. Er hört zu und redet, er legt die Schrift aus und erklärt, er nimmt das Brot und bricht es.
Und jetzt, jetzt endlich wundern sie sich. Jetzt geschieht es. Mitten im Alltag. Bei den alltäglichsten Arbeiten und Tätigkeiten. Das ist ein Wunder!
Jetzt kommt Schwung in die Sache. Jetzt kann man wieder aufstehen und den ganzen Weg zurück gehen. Jetzt kann man wieder aufstehen, die Müdigkeit ist wie weggeblasen. Jetzt kann die Trauer der Freude weichen.
Ja, Jesus lebt.
Ihr werdet euch noch wundern, hatte Jesus gesagt und jetzt, jetzt endlich wundern sie sich. Jetzt geschieht es.
Jetzt kann man wieder aufstehen und weitergehen. Weitergehen bis zum nächsten Zweifel. Aufstehen bis zum nächsten Erlebnis, was uns runterdrückt. Denn das wird kommen. Nun aber ist jemand da, der etwas dagegen setzen kann.
Kennt ihr solche Kinder, die immer das letzte Wort haben wollen – egal welche Argumente man dagegen setzt, sie wissen immer etwas darauf zu sagen. So ist Ostern. (nach Susanne Niemeyer)
Ostern hat das letzte Wort trotz Lampedusa, Tröglitz und Kenia.
Ostern hat das letzte Wort trotz Flugzeugabsturz.
Ostern hat das letzte Wort trotz deiner Ängste, Zweifel und Enttäuschung.
Jesus begegnet wieder. Und wieder. Er lebt. Er ist mitten unter uns. Die Jünger brauchen viele solcher Begegnungen im Alltag bis sie es endlich glauben.
Es braucht viele solcher Begegnungen bis du es endlich glaubst. Es braucht noch mehr Begegnungen, bis ich es endlich glaube. Und es gibt sie – bis heute.
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Predigt gehalten am 05.04.15 in der Baptistenkirche Nordhorn
Bild aus: Rien Poortvliet / F. Meisinger: Er war einer von uns – Bildband