Sie ist jung und verliebt. Sie hat den Traum von einem gemeinsamen Leben. Von einem Leben, dass sie für andere einsetzen will. Fern von der Heimat. Es dauert lange bis dieser Traum endlich Wirklichkeit werden soll. Viele Jahre gehen ins Land. Jahre voller Sehnsucht und voller Pläne. Man braucht Genehmigungen und Visa um nach Afrika auszuwandern. Er, der Pastor geht schon mal vor. Die Zeit der Trennung wird nicht lange andauern, versprechen sie sich.
Julie von Hausmann. 1862 veröffentlicht sie einen Text, den wir immernoch in Gottesdiensten und Trauerfeiern singen. Was muss eine Frau erleben, um mit 36 Jahren diesen Text zu schreiben? So traurig. So geprägt vom Tod.
1) So nimm denn meine Hände / und führe mich
bis an mein selig Ende / und ewiglich.
Ich mag allein nicht gehen, / nicht einen Schritt:
wo du wirst gehn und stehen, / da nimm mich mit.
2) In dein Erbarmen hülle / mein schwaches Herz
und mach es gänzlich stille / in Freud und Schmerz.
Laß ruhn zu deinen Füßen / dein armes Kind:
es will die Augen schließen / und glauben blind.
3) Wenn ich auch gleich nichts fühle / von deiner Macht,
du führst mich doch zum Ziele / auch durch die Nacht:
so nimm denn meine Hände / und führe mich
bis an mein selig Ende / und ewiglich!
Endlich ist es soweit. Er hat in der neuen Heimat alles vorbereitet. Sie können sofort nach Julies Ankunft heiraten. Sie packt die Koffer. Die Reise wird viele Monate dauern. Es war ein Abenteuer, eine gefährliche Reise, die sie nur mit viel Glauben, Sehnsucht und Liebe im Herzen überstehen konnte. Und dann? Dann ist alles zu spät.
Sie kommt zu spät. Einige Tage vorher ist ihr Verlobter an einer schweren Infektion gestorben. Vom Lebenstraum zu zweit in Afrika, von gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Glauben war nur ein schlichtes Grab geblieben. Sie, die eigentlich Hochzeit feiern wollte, blickt nun dem Tod ins Auge und damit dem Ende all ihrer Träume.
Trotz diesem Erleben spricht ein großer Glaube, eine tiefe Hoffnung aus diesem Text. Julie behält ihr kindliches Vertrauen zu Gott. Das beeindruckt mich. Ja, das wünsche ich mir auch in dieser Zeit, in der nicht alles geplant ist. In der Vieles unklar ist in meinem Leben und ich vertrauen lernen muss. Das entbindet mich nicht meiner Verantwortung alles zu versuchen, zu planen, zu rechnen, vorzudenken und Entscheidungen zu treffen. Doch dieser Text lehrt mich, dass ich es nicht alleine tun muss, sondern, dass mich jemand an den Händen hält.
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Text: „So nimm denn meine Hände“ von Julie Hausmann, 1862.
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