Die Türen sind verschlossen. Wir haben uns versteckt.
Alle sitzen da und starren vor sich hin. An Schlaf ist sowieso nicht zu denken.
Aber ich muss hier raus.
Raus aus dieser Enge. Raus aus dieser Hoffnungslosigkeit.
Ich gehe in den Garten, zum Grab. Hier kann ich ihm wenigstens nahe sein.
Irgendetwas muss ich doch tun können.
Es ist noch dunkel, aber ich kenne den Weg.
Schon von weitem sehe ich, dass der Stein weg ist.
Wie kann das sein? Wer tut sowas?
Sofort drehe ich um und renne zu den Männern zurück.
„Er ist weg! Er ist nicht mehr im Grab. Irgendjemand hat ihn weggebracht.
Ich weiß nicht wohin!“
Sie rennen hin und her. Aufregung und Verstörung macht sich breit.
Ich bleibe vor dem Grab sitzen und endlich kommen die Tränen.
Wut, Verzweiflung und Trauer. Alles muss raus.
Warum?
Jesus? Warum tust Du mir das an?
Erst heilst Du mich und versprichst mir ein neues Leben.
Ich schöpfe Hoffnung, beginne zu glauben und lerne wieder neu zu vertrauen.
Diese neue Welt, die Du versprochen hast, ich beginne sie zu erleben.
In unserer Gemeinschaft gibt es kein oben und kein unten.
Keine Väter, die immer das Sagen haben. Keine Herren und keine Sklaven.
Du hast uns vorgelebt, was Dienen heisst.
Du hast mich angesehen und in diese Gemeinschaft hinein geheilt.
Ich blicke in das Grab und erschrecke.
Zwei weiße Männer sitzen da und fragen mich, warum ich weine?
Ich sage ihnen das gleiche, wie den Jüngern.
Er ist weg und ich weiß nicht wo.
Ich drehe mich um und gehe in den Garten.
Der Gärtner fragt, warum ich weine?
Aber er muss es doch wissen. Ich schöpfe Hoffnung.
„Sag mir, wo du ihn hingebracht hast!“
Ich rede auf ihn ein, lasse ihn nicht zu Wort kommen.
Er unterbricht mich.
„Maria!“
„Mein Lehrer!“
ER sieht mich an. ER kennt mich. ER ist da.
Mit mir im Garten.
ER sieht meine Trauer, meine Angst und meine Hoffnung.
Ich möchte ihn festhalten und nie wieder loslassen.
Bleib hier. Du darfst nicht wieder gehen. Es ist alles sinnlos ohne Dich.
Was sollen wir denn ohne Dich tun?
Maria, ich komme wieder.
Ich bin der Gott, der mit Dir ist.
Immer und ewig.
Immanuel.
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